Liebe, Tod und Leidenschaft

Wochenspiegel, Bericht: Franca Palaschinski, Foto: Norbert Vogel

Großes Programm beim Schlosskonzert

Königs Wusterhausen. Die Musikwelt bietet eine so unglaubliche Vielfalt und Gerlint Böttcher, die für das Programm der Schlosskonzerte Königs Wusterhausen verantwortlich zeichnet, eröffnet uns mit Ihrer Auswahl an Künstlern immer wieder neue Welten. Konzertmelodramen war vor Kurzem das Thema der Schlosskonzerte Königs Wusterhausen. Für dieses sehr anspruchsvolle Programm konnten  Hans-Jürgen Schatz als Rezitator und Holger Groschopp am Klavier gewonnen werden.

Wenn man bei einem Rezitator von Virtuosität sprechen kann, dann bei Hans-Jürgen Schatz. Er füllt seinen Vortrag nicht nur mit Klang und Stimme, sondern verleiht dem gesprochenen Text vollständige Bildwelten, die seine Zuhörer vollkommenen einnehmen – bis zum letzten Wort. Die Bedeutung der Lyrik wurde durch die Überzeugung des Künstlers mit Leben gefüllt.

Dichtung und Musik verschmolzen miteinander und wurden zu einem großen Ganzen: Mal war es der Auftakt oder das dramatische Ende, die einem geradezu erschreckend durch Mark und Bein gingen, wie in Ferdinand Hillers Vertonung „Vom Pagen und der Königstochter“. Oder es waren malerische Klangwelten, die beispielsweise Friedrich von Flotow komponierte, um „der Blumen Rache“ musikalisch zu untermalen oder Akzente zu setzen.

Franz Liszt hingegen interpretiert den „Traurigen Mönch“ mit seiner Musik oder spiegelte in „Des toten Dichters Liebe“ die Stimmung der Liebe in klaren Klaviertönen oder den zermürbenden Tod in seiner Partitur wider. Geradezu überschwänglich wirkten die Vertonungen von Robert Schumann zu der „Schön Hedwig“ oder zu der „Ballade vom Heideknaben“. Vergleichsweise pompös und dramatisch wiederum wirkten Carl Reineckes Kompositionen zur „Schönen Astrid“ und zum „Schelm vom Bergen“. Selbst das in der Romantik so wichtige Thema Ironie transportierten Schatz und Groschopp in ihrer exzellenten Darbietung.

Der Rezitator und der Pianist präsentierten ein Programm, in der große Komponisten einen rauen Alltag und eine grausame Wirklichkeit in Form von Konzertdramen zu vermitteln suchten, und zwar bei „gemütlichen“ Kerzenschein als Hausmusik – fern ab vom höfischen Zeremoniell. Schatz und Groschopp gelang es an diesem Abend sehr gut, dem Publikum einen Eindruck von den ernsthaften Themen jener romantischen Epoche zu vermitteln. Zu deren Inhalten zählten Liebe, Tod, Leidenschaft, Gefühle, Individualität und auch die Ironie. Wiederholt wurde die Natur zum Sinnbild geheimnisvoller Empfindungen. Friedhöfe, Ruinen und Naturlandschaften wurde zu Schauplätzen. Damit unternahmen die Dichter den Versuch, nicht nur räumlich über die erfassbare Wirklichkeit hinauszugehen, sondern auch zeitlich, in ideale verklärte Fernen zu fliehen. Dabei bedienen sich häufig des Mittelalters. Rittertum und Religion wurden vom poetischen Zauber umworben. Die Dichter versuchten die Einheit von Verstand und Gefühl zu erlangen. Den Idealen der Antike (Vollendung, Klarheit und Ordnung) setzen sie Unendlichkeit, Dunkelheit und Überwindung entgegen. In Träumen oder im Geheimnisvollen wurden die dunklen Seiten des Unterbewussten zu erfassen versucht.

All diese Elemente finden wir in den Konzertdramen der Romantik, die Schatz und Groschopp zu einem unübertroffenen Erlebnis zusammengestellt haben. Der Anspruch, dem Publikum die Geisteshaltung und Zielsetzung dieser Konzertmelodramen zu vermitteln, ging vollkommen auf und die Gäste der Schlosskonzerte haben einen Eindruck von dem Symbolgehalt der Lyrik und den mystischen Themen jener Zeit erhalten.

Beim Verlassen des Kavalierhauses schob sich der Mond hinter dem Turm von Schloss Königs Wusterhausen hervor – es war wie ein Symbol für die schaurig-schöne Welt, die den Zuhörer an diesem Abend gefangen genommen hatte.

Bildunterschrift: Holger Groschopp und Hans-Jürgen Schatz nach dem Konzert