Meisterschaft und Mut zum Klangexperiment

Märkische Oderzeitung, Bericht: Michael Gabel, Foto: Susan Paufler

Höhepunkte der Schlosskonzerte Königs Wusterhausen auf CD / Gerlint Böttcher spielt Mendelssohn-Klavierkonzert

Wenn eine Festivalleiterin selbst eine erfolgreiche Musikerin ist, dann hat das nur Vorteile: Sie verfügt über gute Kontakte zu Musikerkollegen, kann bei der Auswahl der Künstler auf ihr eigenes Urteilsvermögen vertrauen, und sie ist immer in der Lage, das Programm mit eigenen Beiträgen zu bereichern.
Im Fall der Schlosskonzerte hat sich diese Konstellation im Laufe von gut zwei Jahren als ideal erwiesen. Leiterin Gerlint Böttcher, die aus Frankfurt (Oder) stammende, an der Berliner Hanns-Eisler-Musikhochschule ausgebildete und in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) lebende Pianistin, setzt bei ihrem eigenen Festival ein ums andere Mal selbst Glanzlichter. Beispielsweise 2015 mit ihrer Interpretation von Felix-Mendelssohn-Bartholdys 2. Klavierkonzert in d-Moll, die nun den Schwerpunkt einer CD bildet.
Bemerkenswert an der Aufnahme ist nicht nur, mit welch überragender Technik die Pianistin das mit rasanten Läufen und anspruchsvollen Akkordketten schwer zu meisternde Werk vorträgt. Ebenso beeindruckt, wie gut die Solistin und das von Timo Handschuh dirigierte Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim im Live-Mitschnitt harmonieren. Sie beherrschen einerseits das dramatische, kontrastreiche Wechselspiel, das den ersten und dritten Satz des Werks prägt. Andererseits verschmelzen sie in den lyrischen Passagen im zweiten Satz auf berührende Weise zu einem homogenen Ganzen. Getragen sind die Akteure von einem gemeinsamen Geist: Hier die bei aller Sinnlichkeit stets klar artikulierende Pianistin, dort der 14-Personen-Klangkörper mit seinem unsentimentalen, zuweilen sogar etwas 
schroffen Klang – das passt.
Neben solchem Klavierfeuer zeichnet die CD eine enorme musikalische und vor allem klangfarbliche Bandbreite aus. Da sind zum einen die Bläser der vierköpfigen Formation German Hornsound: Was die aus Nummern wie den Tangos von Astor Piazzolla oder der Feuerwerkmusik von Händel alles herausholen, erstaunt. Das Probleminstrument fast jedes Sinfonieorchesters mit seinem Hang zur Unbeweglichkeit und seiner Neigung zum Kieksen – selten hat man 
es so leicht und virtuos gehört.
Gleiches gilt für das ebenfalls ungewöhnlich besetzte Ensemble Bassiona Amorosa, das nur aus Kontrabassisten besteht. Solche Klangkörper leben von speziell auf sie zugeschnittenen Arrangements, wie zum Beispiel der munteren „Zoppo Trump“-Version. Aus der „Schwäche“, dass eigentlich kein richtiges Melodieinstrument vorhanden ist, wird eine Stärke: Der vielfach nur zur klanglichen Grundierung eingesetzte Bass ist hier als glanzvoller Solist zu erleben.
Den mitreißenden Schlusspunkt setzt das Kontrabass-Ensemble dann wieder gemeinsam mit Pianistin Böttcher. Beide zusammen interpretieren Franz Liszts Ungarische Rhapsodie Nr. 2 als Virtuosennummer – voll von musikalischem Witz und ansteckender Fröhlichkeit.
Gerlint Böttcher, Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim, German Hornsound und Bassiona Amorosa: „Schlosskonzerte Königs Wusterhausen“; zu bestellen: mail@schlosskonzertekoenigswusterhausen.de

Bildunterschrift: Veranstalterin und Bühnengast zugleich: die Pianistin Gerlint Böttcher.
Foto: Susan Paufler

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